Für West-Deutschland war es 1974 endlich an der Zeit eine Weltmeisterschaft auszurichten, aber die Welt sollte durch den Aufstieg eines anderen Landes geblendet werden. Angeführt von einem neuen Superstar verliebte sich die Welt in die schillernden Niederländer und ihre neue Philosophie des totalen Fußballs.
Auf ihrer Konferenz von 1966 vergab die FIFA die Ausrichterrechte für die nächsten drei Weltmeisterschaften, wobei Westdeutschland 1974 die Rückkehr des Turniers nach Europa ausrichtete. Im Rahmen des Turniers wurde eine neue Trophäe vergeben, der vom italienischen Bildhauer Silvio Gazzaniga entworfene FIFA-Weltpokal. Das Turnier erhielt ein neues Format mit einer zweiten Gruppenphase anstelle von Viertel- und Halbfinalspielen und der Einführung des Elfmeterschießens, das allerdings erst acht Jahre später wieder eingeführt werden sollte. Nur zwei Jahre nach den Olympischen Spielen in München sollte das Turnier in neun westdeutschen Städten, darunter West-Berlin, ausgetragen werden, wobei das Finale im Münchner Olympiastadion stattfinden sollte. 100 Länder nahmen am Turnier teil, und die Qualifikation brachte die bisher größten Schocks mit sich. Das schockierendste Opfer war England, der Sieger von 1966, der zum ersten Mal nicht dabei war. Mexiko, der frühere Gastgeber, sowie Spanien, Ungarn, Rumänien und die Tschechoslowakei waren weitere überraschende Verlierer. Es gab auch neue Qualifikanten, Haiti, Australien, Zaire und Ostdeutschland gaben alle ihr Debüt.
Das Finale wurde zwischen den Niederlanden und Westdeutschland ausgetragen, wobei die Westdeutschen mit 2:1 gewannen. Die Niederlande gingen durch einen Elfmeter von Johan Neeskens in der zweiten Minute in Führung. Paul Breitner glich in der 25. Minute durch einen weiteren Elfmeter aus, bevor Gerd Müller in der 43. Minute den Siegtreffer erzielte und die Bundesrepublik Deutschland zum zweiten Mal nach 1954 Weltmeister wurde. Als Gastgeber und Favorit hatte West-Deutschland in der Anfangsphase enttäuscht, wobei die Niederlage gegen die DDR in der ersten Runde der schlimmste Schluckauf in der Qualifikation war. Es gab sogar Unruhe in der sonst so stoischen deutschen Umkleidekabine, als Mannschaftskapitän Beckenbauer von seinen Mannschaftskameraden angefleht wurde, Trainer Helmut Schön zu Änderungen in der Aufstellung und Taktik der Mannschaft zu drängen. Die kleine Revolution zahlte sich aus, und die Deutschen steigerten sich in der K.o.-Runde und besiegten Jugoslawien mit 2:0, Schweden mit 4:2 und im Halbfinale die hoch favorisierten Polen mit 1:0.
Die Spielstätten in al-Chaur und Lusail
Das Turnier könnte einen Tag früher beginnen
Die ältesten eingesetzten WM-Spieler aller Zeiten
1974 war der Beginn der modernen Weltmeisterschaft, und das nicht nur wegen des Pokals. Kommerzialisierung, Medienpräsenz und Streit um Prämien waren 1974 deutlich zu spüren. Westdeutschland war ein würdiger Sieger, wohl der beste in der Geschichte seines Landes, und nur wenige Spieler hätten es verdient, den Pokal so sehr zu genießen wie Beckenbauer und Müller. Auch Polen mit seiner torhungrigen Mannschaft war ein Genuss. Es waren jedoch die Niederlande, die die Welt in ihren Bann zogen. Mit ihrem totalen Fußball, den Olympischen Spielen und der Weltmeisterschaft 1974 begann die moderne Weltmeisterschaft. Kommerzialisierung, Medienpräsenz und Streit um Prämien waren '74 deutlich zu spüren. Westdeutschland war ein würdiger Sieger, wohl der beste in der Geschichte seines Landes, und nur wenige Spieler hätten es verdient, den Pokal so sehr zu genießen wie Beckenbauer und Müller. Auch Polen mit seiner torhungrigen Mannschaft war ein Genuss. Es waren jedoch die Niederlande, die die Welt in ihren Bann zogen. Mit ihrem totalen Fußball, den wallenden Locken und den Liebesperlen hat Cruyffs Team Brasiliens Mantel des schönen Fußballs geerbt, wobei das niederländische Orange das brasilianische Gelb ersetzt hat. Manche setzen die Finalniederlage mit der Niederlage des Idealismus der 60er Jahre gegen die harte Realität der 1970er Jahre gleich, die von Westdeutschland verkörpert wurde. 74 sollte Cruyffs einzige Weltmeisterschaft bleiben, da er nach der Europameisterschaft 1976 aus dem internationalen Fußball ausschied und auch Beckenbauer nicht mehr zum Turnier zurückkehrte. Überraschenderweise war das Finale auch Müllers Abgesang auf den internationalen Fußball im Alter von 29 Jahren. Michels ging zurück ins Vereinsmanagement, kehrte aber für die Europameisterschaft 1988 in die Niederlande zurück. Ironischerweise fand diese in Westdeutschland statt, und Michels kehrte ins Münchner Olympiastadion zurück, wo er dieses Mal den Pokal in den Händen hielt.
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